03.11.2020: Im Gespräch: Sylvia Ecker von der psychosozialen Beratungstelle Linz zum Thema "Psyche und CoronA"

Sylvia Ecker MA, Teamleiterin der Psychosozialen Beratungsstelle Linz-Stadt
Sylvia Ecker MA, Teamleiterin der Psychosozialen Beratungsstelle Linz-Stadt

Die Psychosozialen Beratungsstellen von pro mente OÖ sind wichtige Anlaufstellen bei psychischen und sozialen Problemen. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sind die 18 Beratungsstellen im ganzen Bundesland verlässliche Ansprechpartner. Wir haben mit Teamleiterin Sylvia Ecker von der Psychosozialen Beratungsstelle Linz gesprochen und ihr einige Fragen zum Thema "Psyche und Corona" gestellt.

 

Wie kann man sich den telefonischen Kontakt während des 1. Lockdowns und auch jetzt - in der Zeit des 2. Lockdowns - vorstellen? Was waren und sind die größten Anliegen?

Der Fokus unserer Gespräche lag und liegt darauf, den AnruferInnen Halt zu geben, sowie regelmäßigen und verlässlichen Kontakt auch unsererseits zu gewährleisten. Zusätzlich wurden im 1. Lockdown die telefonischen Erreichbarkeitszeiten ausgeweitet. Sehr wichtig für uns war auch zu vermitteln, dass wir niemanden im Stich lassen. Das war sehr wichtig, da in dieser Zeit ja auch sämtliche persönliche Angebote nicht stattfinden konnten.

 

Am häufigsten standen Themen wie Ängste, Beunruhigungen und körperliche Begleiterscheinungen im Vordergrund. Vor allem Menschen die etwa traumatische Erinnerungen ans Eingesperrtsein aus der Kindheit hatten (z. B. jene, die den Jugoslawienkrieg miterlebt haben) kontaktierten uns vermehrt.

 

Aber auch die soziale Isolation, welche bei psychisch erkrankten Menschen ohnehin schon höher ist, machte unseren KlientInnen durch den Wegfall unserer zahlreichen Angebote besonders zu schaffen. Ebenso waren finanzielle Sorgen auch immer wieder Teil der Gespräche.

 

Haben sich mehr AnruferInnen während des 1. Lockdowns gemeldet haben im Vergleich zu vorher?

Neuanfragen gab es zur Zeit des 1. Lockdowns eher weniger als vor Corona. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass durch reduzierte Facharzttermine und Spitalsaufnahmen weniger Menschen an die PSB vermittelt wurden. Die AnruferInnen waren also meist bestehende KlientInnen. Hier waren es dafür um ca. ein Drittel mehr Kontakte im Vergleich zu vorher. Dafür verzeichnen wir nach dem 1. Lockdown einen vermehrten Anstieg an Anfragen.

 

Welche Bevölkerungsgruppen waren und sind besonders von der Krise betroffen?

Vermehrte Anrufe erhielten wir vor allem von jungen Frauen und Frauen mittleren Alters, welche durch die coronabedingten Mehrfachbelastungen wie herausfordernde Kinderbetreung, Homeoffice und vermehrt anfallende Haushaltstätigkeiten erhöhten Gesprächsbedarf hatten.

 

Aber auch Menschen, die unter Vereinsamung litten oder KlientInnen, welche im Vorfeld bereits immer wieder Beziehungsprobleme hatten, die sich in der Krise teilweise verstärkt haben, suchten häufig den telefonischen Kontakt zu den BeraterInnen der PSB.

 

Wie gehen Sie mit den Ängsten der Menschen jetzt in der 2. Welle um?

Selbstverständlich gab es unter unseren KlientInnen bereits im Vorfeld Angst vor einer zweiten Welle. Unser Anliegen ist daher auch jetzt, einen guten Umgang mit diesen Unsicherheiten zu finden, damit die Angst nicht in Panikreaktionen kippt. Hilfreich dabei sind vor allem die in den letzten Wochen und Monaten erarbeiteten Ressourcen, wie auch die Tatsache, dass wir das alles schon einmal bewältigt haben. Doch bleibt speziell bei tendenziell eher ängstlichen Menschen eine ängstlich-misstrauische Haltung in Bezug auf die weitere Entwicklung bestehen. Daher werden wir auch jetzt unser Bestes geben und unseren KlientInnen vermitteln, dass sie nicht allein sind und wir diese Herausforderungen gemeinsam mit ihnen bewältigen werden.

 

Alle Informationen zu den Psychosozialen Beratungsstellen von pro mente OÖ finden Sie hier:

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